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Warum wir über Pronomen reden müssen

Bestimmt sind Ihnen schon einmal die Pronomen aufgefallen, die manchmal zum Beispiel in einer E-Mail-Signatur oder einer Instagram-Bio stehen. Doch was hat es damit auf sich? 

Die eigenen Pronomen anzugeben ist Teil einer geschlechtergerechteren Sprache und erleichtert nicht nur die alltägliche Kommunikation am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld, sondern macht Sie vor allem auch zu einem besseren Ally für queere Menschen.

Warum das so wichtig ist und wie das Institut für Bildungscoaching mit dem Thema umgeht, erfahren Sie in diesem Artikel. 

Was ist gendergerechte Sprache überhaupt?

In der deutschen Schrift und Sprache ist aktuell meistens noch das generische Maskulin die Basis. Eine gendergerechte oder geschlechtergerechte Sprache bricht mit dieser Gewohnheit und bietet eine Sprache, die alle Geschlechter gleichermaßen anspricht. Falls Sie Interesse an mehr Hintergrundwissen zu gendergerechter Sprache haben, empfehlen wir Ihnen unseren Blog-Artikel „Was ist gendergerechte Sprache?“.

Warum ist die Angabe von Pronomen hilfreich und nötig?

Die Angabe des eigenen Pronomens in unterschiedlichen Kontexten ist ein erster Schritt zur Förderung von Diversität und ein Zeichen von Solidarität und Höflichkeit. Dadurch vermeiden wir es, andere zu verletzen, indem wir sie durch stereotypische Zuschreibungen misgendern, das heißt aufgrund eigener Schlussfolgerungen mit dem falschen Pronomen ansprechen.

Viele Menschen müssen sich um dieses Thema keine Gedanken machen, weil sie die Zuordnung der eigenen Pronomen bzw. des Geschlechts (bis jetzt) nicht in Frage gestellt haben. Gleichzeitig erkennen aber auch immer mehr Menschen, dass die Selbstverständlichkeit der binären Ansprache mehr als veraltet ist – es gibt schlichtweg nicht nur zwei Geschlechter, denen man sich zuordnen kann. So bilden seit Ende 2018 Personen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ im deutschen Recht sogar eine eigene Geschlechtsoption. Gesetzlich wird dies so umschrieben, dass diese Personen „weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet sind“.

Das binäre Denken ist allerdings nicht nur in den Köpfen vieler Menschen, sondern auch in der deutschen Sprache tief verankert. Um eine genderspezifische Ansprache zu verhindern, wurden neue Wortschöpfungen gefunden: Die sogenannten Neo-Pronomen wie zum Beispiel they/them, dey/dem oder xier/xiem ermöglichen abinären, trans*, inter*, nonbinären oder genderfluiden eine Selbstbezeichnung. 

Indem wir Pronomen als Selbstbeschreibung nutzen, positionieren wir uns als Ally für diese Menschen und helfen dabei, Akzeptanz und Offenheit gegenüber allen Geschlechteridentitäten zu schaffen. Außerdem nehmen wir LGBTIQ+ Menschen damit zumindest einen kleinen Teil der Aufklärungsarbeit ab: Mit dem Angeben unserer Pronomen können wir mehr Menschen dafür sensibilisieren, dass es unterschiedliche Identitäten gibt und man mehr nur in das starre binäre Geschlechtersystem passen muss. 

Viele Menschen fühlen sich dem Geschlecht, welches ihnen bei der Geburt zugeordnet wurde, nicht zugehörig. Ein ständiges misgendern kann die Entfremdung zu sich selbst noch weiter vorantreiben und zu tiefen Verletzungen führen. Weder Äußerlichkeiten, physiologische Ausprägungen oder der Name verraten uns mit welcher geschlechtlichen Zuordnung (oder auch keiner Zuordnung) sich das Gegenüber wohl fühlt. 

Warum sollten wir alle unser Pronomen angeben?

Ihr Pronomen stimmt mit Ihrem äußeren Erscheinungsbild überein und sie sehen keine Notwendigkeit in der Angabe Ihres Pronomens? Sie sollten es trotzdem tun, und zwar aus Solidarität! 

Versetzen Sie sich in die folgende Lage: Sie sind die einzige nicht-binäre oder trans-Person in einem Zoom Meeting mit anderen, fremden Menschen. Sie haben bereits zahlreiche Diskriminierungserfahrungen machen müssen, verletzende Kommentare ertragen oder viel zu persönliche Fragen über sich ergehen lassen müssen. Nun müssen Sie als einzige Person in einem Zoom-Raum Ihre Pronomen angeben und stechen damit heraus. Das fühlt sich nicht gut an! 

Indem alle Personen Ihre Pronomen angeben, muss sich niemand mehr so fühlen. Wir geben den Menschen die Möglichkeit, ihre Ansprache selbst zu wählen und öffnen einen Raum, in dem LGBTIQ+ Menschen nicht selbst Aufklärungsarbeit übernehmen oder sich erklären müssen. 

Warum sollte man nicht direkt nach Pronomen fragen?

Die direkte Nachfrage nach den Pronomen einer Person kann problematisch sein, denn im schlimmsten Fall würde man damit ein Coming-Out erzwingen. Damit die Person nicht unter Zugzwang steht empfiehlt es sich stattdessen das Nennen der Pronomen so gut es geht zu normalisieren. Dass geht am einfachsten, wenn man seine eigenen Pronomen in möglichst vielen Kontexten angibt. So wird die sowieso bestehende Diversität von Identitäten sichtbarer und man sendet eine Einladung an das Gegenüber, die eigenen Pronomen ebenfalls zu verwenden. 

Wie spreche ich nicht-binäre Menschen an?

Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen, sind nicht-binär. Sie können aus einer Vielzahl an Pronomen oder Neopronomen wählen. Manche nutzen auch ihren Namen als Pronomen. Wieder andere verzichten komplett auf die Angabe von Pronomen, die auf eine bestimmte Geschlechtsidentität hinweisen könnten. Dann kann man den Namen des Menschen nutzen. 

Deshalb kann die Ansprache zum Beispiel so aussehen: 

→ „Hallo Alex“ oder „Hi Vorname Nachname“ oder „Guten Tag Vorname Nachname“

Manche trans* und nicht-binären Personen verwenden aber auch geschlechtsneutrale Neopronomen wie xier: 

  • Xier: ein Personalpronomen, anstelle von »sie« und »er«
  • Xieser: ein Possessivpronomen, anstelle von »ihr« und »sein« 
  • Dier: ein Artikel und ein Relativpronomen, anstelle von »die« und »der«
     

Wie und wo kann man Pronomen angeben?

Am Arbeitsplatz kann man sich in Besprechungen, Telefongesprächen oder bei persönlichen Gesprächen im Büro immer mündlich mit den eigenen Pronomen vorstellen, zum Beispiel: „Hallo, ich bin Hannah. Meine Pronomen sind sie/ihr.“

Schriftlich tauchen zugeordnete Pronomen vor allem in der Profilbeschreibungen von Social-Media-Accounts, Stellenanzeigen oder in E-Mail-Signaturen auf. 

Die Angabe von Pronomen auf Namensschildern, in Zoommeetings oder E-Mail-Signaturen kann zum Beispiel so aussehen:  

  • Markus (er/ihm)
  • Lisa (sie/ihr)
  • Alex (they) 
     

Wie setzt das Institut für Bildungscoaching gendergerechte Sprache um? 

Wir integrieren den Vorschlag die eigenen Pronomen anzugeben aktiv in unseren Arbeitsalltag: Bei der Einführung in ein beginnendes Seminar werden sie auf die Möglichkeit hingewiesen sich mit Ihren Pronomen vorzustellen und diese im Zoom-Meeting anzugeben. Außerdem nutzen wir in E-Mails und Rechnungen eine geschlechtsneutrale Ansprache. Zudem finden Sie in der Übersicht unserer Mitarbeitenden ihre zugehörigen Pronomen. 

In unseren FAQ’s finden Sie außerdem noch eine kurze Zusammenfassung warum auch wir Sie einladen, Ihre Pronomen mit Ihren Namen anzugeben. 

Kleines Glossar

Einige der Begriffe sind neu für Sie? Hier finden Sie ein kleines Glossar der wichtigsten Bezeichnungen. Sich selbst zu informieren und neues Wissen zu sammeln gehört ebenfalls zu einem wichtigen ersten Schritt hin zu mehr Solidarität und Diversität. 

Ally: Eine nicht-queere Person, die sich für die Rechte von LGBTQI+ einsetzt. Lässt sich aus dem englischen übersetzen mit  „Verbündete*r“.

binäres Geschlechtersystem: Die Einteilung in „männlich“ und „weiblich“ ab der Geburt nach äußerlichen Merkmalen. 

cis oder cisgender: Personen, die sich dem bei Geburt zugeteilten Geschlecht zugehörig fühlen.

Neopronomen: Die Wortneuschöpfungen „sier“, „dey“ oder auch „xier“ stellen in der deutschen Sprache eine genderneutrale Option dar, mit der sich die Pronomen „sie“ und „er“ umgehen lassen. Es gibt um die 60 bis 80 Neopronomen in der deutschen Sprache. 

non-binary / enby / nicht-binär: Personen, die sich keinem (binären) Geschlecht zuordnen.

trans oder transgender: Personen, die sich nicht dem bei Geburt zugeordneten Geschlecht zugehörig fühlen und ein anderes Geschlecht für sich wählen.
 

Falls Sie Interesse an noch mehr Informationen zu einzelnen Begriffen haben, empfehlen wir Ihnen das ausführliche queere Glossar von queer-lexikon.net. 

Respektvoll miteinander umgehen 

In der ganzen Debatte ist es am wichtigsten sich zu informieren und sensibel sowie respektvoll miteinander umzugehen. Sowohl am Arbeitsplatz als auch im eigenen sozialen Umfeld gilt deshalb: Personen, die andere Menschen misgendern sollten rücksichtsvoll darüber aufgeklärt werden, dass ein Mensch gerade falsch angesprochen wurde. 

Niemand sollte dazu gedrängt werden, seine Pronomen offenzulegen. Deshalb sollten Sie Menschen nie unter Druck setzen, da es so passieren kann, dass sich ein Mensch ungewollt outen muss. Jeder Mensch hat sein eigenes Tempo und das sollte immer respektiert werden. 

Das Angeben der eigenen Pronomen überall dort, wo sie sichtbar sind, ist der erste Schritt um mehr Menschen für das Thema zu sensibilisieren und im besten Fall zu animieren, ebenfalls Pronomen anzugeben. Diese einfache, aber bedeutende Geste drückt Solidarität gegenüber allen Menschen aus, die sich nicht den klassischen, veralteten binären Geschlechteridentitäten zuordnen wollen oder können.