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Legofigurengesichter zeigen Stress

Wenn Nachrichten uns stressen

Wie geht es Ihnen, wenn Sie aktuell Nachrichten schauen oder lesen? Fühlen Sie sich demotiviert, überwältigt oder entmutigt? Dann fällt es Ihnen wahrscheinlich schwer die Flut an (negativen) Informationen zu verarbeiten, denn: 

Der regelmäßige Konsum von politischen Nachrichten kann unsere psychische Gesundheit negativ beeinflussen - das hat jetzt eine Studie aus Kanada erneut belegt. Das tägliche Konsumieren von Negativschlagzeilen rund um Kriege und Klimakrise kann unseren mentalen Zustand beeinträchtigen. Also keine Nachrichten mehr lesen und hören? Auch das ist keine Lösung: die Forscher*innen weisen auch auf die Konsequenzen eines Nachrichten-Verzichts hin. 

In diesem Blogbeitrag diskutieren wir über den Drahtseilakt zwischen unserem Interesse an Informationen und einem gesunden und wichtigen Selbstschutz. Außerdem beschreiben wir hilfreiche Strategien im Umgang mit negativen Schlagzeilen.

Die Problematik des übermäßigen Nachrichtenkonsums

Beim Konsumieren der täglichen Nachrichten lassen sich negative Schlagzeilen nicht vermeiden: Ob Kriege, Klimazerstörung oder eine weltweite Pandemie - in Presse und Nachrichtendiensten finden sich meist mehr negative als positive Informationen. Maren Urner, Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie an der HMKW in Köln, fand durch ihre Forschung sogar heraus, dass Menschen zugehörig zu sämtlichen gesellschaftlichen Gruppen den Zustand der Welt durchgängig negativer beurteilen, als die Realität wirklich ist. 

Dieser Fokus auf das Negative kommt nicht von ungefähr. Zum Großteil liegt es an dem Angebot an sich: Negatives ist in allen Medien und Formaten überrepräsentiert. Zum Anderen liegt es aber auch daran, wie Menschen Informationen verarbeiten: "Negatives verarbeiten wir besser, schneller und intensiver als positives oder neutrales. Verantwortlich dafür ist unser Steinzeithirn (...).", sagt Maren Urner. Diese sogenannte 'Negativity Bias' ist aus evolutionspsychologischer Perspektive sinnvoll und war lange ein Überlebensvorteil. 

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Schon frühere Forschung hat gezeigt, dass Politik als Nachrichtenthema ein großer Stressfaktor im Leben der Menschen sein kann. Die Studie aus Kanada unterstreicht dies nun nochmal: Die Befragten der Studie sollten zwei Wochen lang Fragen über das politische Ereignis beantworten, an das die Einzelpersonen am meisten gedacht haben. Außerdem wurden Fragen zu den dabei empfundenen Emotionen gestellt und die Teilnehmer*innen sollten berichten, wie sie mit diesen Emotionen umgegangen sind. Zusätzlich sollten die Proband*innen Auskunft darüber geben, wie ihr psychisches Wohlbefinden an dem jeweiligen Tag war und mitteilen inwiefern sie sich motiviert fühlen, sich für eine Sache politisch zu engagieren. 

Die kombinierte Auswertung dieser verschiedenen Fragen ergab, dass der Gedanke an tagespolitische Ereignisse bei den Teilnehmer*innen mit negativen Emotionen einherging. Die Befragten, die starke negative Emotionen beim Konsum von Nachrichten erlebten, berichteten auch durchschnittlich über eine schlechtere psychische oder physische Gesundheit im Alltag. Gleichzeitig gibt diese Gruppe aber auch an, eine stärkere Motivation zu verspüren, sich für diese politischen Belange auch zu engagieren. 

Die Studie zeigt uns, dass beim Konsumieren von Nachrichten zwei Bedürfnisse kollidieren können: einerseits wollen wir uns informieren und up-to-date bleiben, andererseits wollen wir uns vor der Flut an Negativschlagzeilen schützen. Ob das Informationsinteresse oder der Selbstschutz überwiegt ist allerdings oft nicht einfach herauszufinden. 

Informationsinteresse vs. Selbstschutz

Wenn es um Politik geht, kann es einen Zielkonflikt zwischen Wohlbefinden und Engagement geben. (Sozialpsychologin Brett Q. Ford, Assistenzprofessorin für Psychologie an der Universität Toronto)

Zu Steinzeit-Zeiten war es für unser Überleben also notwendig, dass wir negative Informationen und Neuigkeiten schnell und intensiv verarbeiten können. Heute sieht das allerdings ganz anders aus: Zu viele negative Nachrichten können die Psyche und damit auch die körperliche Verfassung beeinträchtigen - es ist also umso wichtiger, bei dem Konsum von Nachrichten eine gesunde Balance zu finden. 

Wir müssen uns informieren, damit wir auf dem neusten Stand sind, um handlungsfähig zu sein, um uns beteiligen zu können und eine Meinung zu entwickeln. Wir müssen aber auch unsere mentale Gesundheit schützen. Diese Art von Selbstschutz bedeutet nicht unreflektiert alle möglichen Medien und Nachrichten zu konsumieren, sondern sich dabei immer zu fragen, ob man gerade zeitliche und mentale Kapazitäten dafür hat. 

Beim Konsum von Nachrichten sollte man vor allem das sogenannte 'Doomscrolling' vermeiden. Beim Doomscrolling verbringt man besonders viel Zeit damit schlechte Nachrichten am Smartphone und Computer zu lesen. Dieses exzessive Konsumieren von negativen Nachrichten kann bei regelmäßigem "Anwenden" extrem negative Auswirkungen auf die Stimmung und den generellen psychischen Zustand eines Menschen haben.  

Wie kann man mit dem Nachrichtenstress umgehen?

Um bei den guten Nachrichten zu bleiben: wir können es lernen und Strategien entwickeln, mit der emotionalen Belastung der nicht zu vermeidbar negativen Nachrichten umzugehen.

Auch die Teilnehmer*innen der kanadischen Umfrage wurden nach Bewältigungsstrategien für ihre negativen Emotionen gefragt. Häufig genannt wurde das schlichte Ablenken von Nachrichten durch andere Aktivitäten oder die Umdeutung der Gedanken zu den negativen Nachrichten, als Lösung genannt. Hier haben wir Ihnen weitere Ansätze für eine gesunde Balance zusammengestellt:

Auf das Gute (Bessere) konzentrieren

Eine Mischung aus Ablenkung und Umdeutung könnte zum Beispiel folgende Variante sein: Die Website goodnews.eu sammelt täglich von Montag bis Freitag positive, ermutigende und interessante Nachrichtenbeiträge aus allen deutschsprachigen Medien. Im Fokus stehen lösungsorientierte Nachrichten, das Angebot ist kostenlos. Neben der Website gibt es außerdem eine App und einen Podcast mit "good news" aus aller Welt. 

Andere Formate wählen

Außerdem kann man darauf achten, weniger Nachrichten mit Bildern zu konsumieren. Bilder transportieren mehr und andere Emotionen, als Texte und können deshalb schneller Stress auslösen. Gleichzeitig hilft es auch, sich selber und andere darüber aufzuklären, wie zum Beispiel News in Form von Bildern bei Menschen wirken und verarbeitet werden. 

Auf die eigene Realität konzentrieren

Es gibt aber auch konkretere Strategien, um mit dem nicht aufhörenden Schwall an Negativschlagzeilen (besser) klarzukommen. Die Technik 'Herstellen von Gegenwart' aus der achtsamen Beratung kann helfen, dass man nicht von den negativen Informationen überrollt wird. Achtsamkeit bedeutet, mit seinen Empfindungen und Gedanken im Hier und Jetzt zu sein und dadurch auch ständig Veränderung zu erleben. Im Gegensatz dazu erleben wir Krisen und Probleme oft als stabil negativ, auch weil wir sie durch gewohnte Reaktionsmuster und narrative Selbsterzählungen stabilisieren. Bei drohender Überforderung durch Nachrichten (am besten auch einfach mal zwischendurch), kann man sich folgende Fragen stellen, um sich selber in die Gegenwart, die eigene Realität zurückzuholen:

  1. Wie fühle ich mich jetzt gerade, hier in diesem Zimmer / an diesem Ort?
  2. Was nehme ich im Moment an sich wahr?
  3. Welches Problem gibt es im Moment überhaupt?

Außerdem kann man sich selber zeitliche Limits für den Nachrichtenkonsum oder dafür eine der zahlreichen Apps nutzen. 

Ein Glückstagebuch führen

In einem Glückstagebuch werden die drei schönsten Erinnerungen und Erlebnisse des Tages gesammelt. Der Zeitaufwand ist minimal, ein paar Minuten am Abend zum Beispiel vor dem Schlafen gehen reichen schon. Der Effekt ist dafür umso größer: wir zwingen unser Gehirn, sich an die angenehmen Momente des Tages zurückzuerinnern und die damit einhergehenden Emotionen zu reaktivieren. Der Fokus auf das Positive kann langfristig sogar zu einer Einstellungsänderung und einem positiveren Lebensgefühl führen, da man auch Kleinigkeiten, die Freude bereitet haben, bewusster wahrnimmt. Nebenbei schafft man ein Sammelsorium an schönen Augeblicken und Erinnerungen, in die man immer wieder gern reinschaut und schwelgen kann.

Hilfreiche Weiterbildungen aus unserem Seminarangebot 

Die Dosis macht das Gift.

Das fand schon der schweizerisch-österreichische Arzt Theophrastus Bombast von Hohenheim (1494-1541) während seiner Lebzeit heraus. Er beschäftigte sich intensiv mit den Wirkstoffen von Heilpflanzen und hielt fest: "Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift." 

Deshalb gilt für den täglichen Nachrichtenkonsum dasselbe, wie für den täglichen Kaffeekonsum: Der Konsum sollte in Maßen genossen und je nach Kapazität und Stimmung angepasst werden. 

Der Umgang mit Negativschlagzeilen lässt sich über verschiedene Wege lernen. In unserem Seminarangebot finden Sie zwei Weiterbildungen, die zumindest (übertragbare) Strategien und Lösungsansätze liefern. Unsere Weiterbildung für Medienkompetenz beinhaltet zwar vor allem grundlegendes Wissen zu Medienkompetenz. Zu einem guten Umgang mit Medien gehört aber auch eine gesunde Selbsteinschätzung in Bezug auf Zeit und Inhalte. Neben Methoden zur Suchtprävention lernen die Teilnehmenden deshalb auch, ihr eigenes Nutzungsverhalten kritisch zu hinterfragen. 

Auch einige Techniken aus unserer Weiterbildung zum Coach für Stressmanagement eignen sich, um nachrichtenbedingten Stress zu regulieren, denn in der Weiterbildung lernen Teilnehmende Stresssituationen mit verschiedenen Methoden kompetent(er) zu begegnen. Was sich nämlich sicher ändern lässt, ist die persönliche Haltung: Wie belastend uns Berufs- und Alltagsbewältigung erscheinen, hängt auch von der eigenen Selbstachtsamkeit und Selbstfürsorge ab - und diese bewusste Haltung lässt sich größtenteils lernen und üben. Der achtsame Umgang mit Ressourcen, Entspannungsmethoden und anderen Ausgleichsstrategien kann Stress reduzieren - auch im Kontext von Nachrichtenkonsum. 

Passende Weiterbildungen

Weiterbildung zum Resilienzcoach

Die Teilnehmenden erwerben Wissen und Kompetenzen, um ihre eigene Resilienz und die ihrer Klienten*innen gezielt zu erhöhen. Für Fachkräfte im psychosozialen Bereich. Thema:Resilienz / Stress / Achtsamkeit Termine und Details

Weiterbildung zum Coach für Medienkompetenz

Die Teilnehmenden lernen konkrete Ansätze der familiären und institutionellen Medienberatung im eigenen Beratungskontext anzuwenden sowie entsprechende Angebote für ihr Arbeitsfeld zu konzipieren. Für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte. Thema:Lernen / Inklusion / Medien Termine und Details