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ausgebrannte Streichhölzer

Burnout-Risiko in der dunklen Jahreszeit

Der Wecker klingelt, draußen ist es dunkel. Auf dem Weg zur Arbeit dämmert es gerade, und wenn Sie abends das Büro verlassen, ist es längst wieder finster. Kennen Sie dieses Gefühl im November und Dezember, wenn die Tage immer kürzer werden und gleichzeitig die beruflichen Anforderungen nicht nachlassen? Für viele Menschen in pädagogischen und sozialen Berufen ist diese Zeit besonders herausfordernd. Die ohnehin hohe Belastung durch emotionale Arbeit trifft auf biologische Veränderungen, die unseren Körper in den Energiesparmodus schalten wollen. Wenn dann noch chronischer Stress hinzukommt, kann sich ein schleichender Prozess entwickeln, der im schlimmsten Fall in einem Burnout mündet.

Was ist Burnout eigentlich?

Burnout ist mehr als nur ein Modewort für Überlastung. Es beschreibt einen Zustand tiefgreifender körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, der sich über Monate oder Jahre entwickelt. Anders als ein vorübergehendes Stimmungstief oder normale Müdigkeit ist Burnout ein ernstzunehmender Erschöpfungszustand, der drei zentrale Dimensionen umfasst:

  • Die emotionale Erschöpfung äußert sich darin, dass Sie sich ausgelaugt fühlen, selbst nach dem Wochenende keine Erholung mehr spüren und morgens schon erschöpft aufwachen.
  • Die Depersonalisation zeigt sich in zunehmendem Zynismus gegenüber der eigenen Arbeit oder den Menschen, mit denen Sie arbeiten – eine Art emotionaler Schutzpanzer, der sich um Sie legt.
  • Die reduzierte Leistungsfähigkeit bedeutet, dass selbst alltägliche Aufgaben plötzlich wie Berge erscheinen und Sie trotz großer Anstrengung das Gefühl haben, nichts mehr zu schaffen.

Wichtig zu verstehen: Burnout ist kein plötzliches Ereignis, sondern ein schleichender Prozess. Genau deshalb ist es so gefährlich – wir merken oft erst viel zu spät, dass wir längst die rote Linie überschritten haben.

Wie beeinflusst Lichtmangel unseren Körper und unsere Psyche?

Unser Körper ist evolutionär auf den Rhythmus der Jahreszeiten eingestellt. Wenn im Herbst die Tage kürzer werden, reagiert unser Organismus auf mehreren Ebenen: Die Produktion von Serotonin, unserem "Glückshormon", sinkt durch den Lichtmangel merklich. Gleichzeitig produzieren wir mehr Melatonin, das uns müde macht. Der Vitamin-D-Spiegel fällt ab, weil unsere Haut ohne ausreichend Sonnenlicht dieses wichtige Vitamin nicht mehr in ausreichender Menge bilden kann.

Diese biochemischen Veränderungen sind völlig normal und bei den meisten Menschen harmlos. Sie führen zu einer leichten Wintermüdigkeit, dem Bedürfnis nach mehr Schlaf und vielleicht einer etwas gedrückteren Stimmung. Manche Menschen entwickeln jedoch eine ausgeprägte Winterdepression (Seasonal Affective Disorder, SAD), die mit starker Antriebslosigkeit, Heißhunger auf Kohlenhydrate und sozialem Rückzug einhergeht.

Der natürliche Impuls unseres Körpers in dieser Jahreszeit wäre: Ruhe, Rückzug, Regeneration. Doch unsere moderne Arbeitswelt kennt keine Winterpause. Genau hier entsteht die Spannung.

Warum verstärken sich Burnout und die dunkle Jahreszeit gegenseitig?

Stellen Sie sich vor, Ihre psychischen und physischen Ressourcen sind ein Akku. Wenn Sie bereits mit chronischem Stress und beginnenden Burnout-Symptomen in die dunkle Jahreszeit starten, ist dieser Akku schon halb leer. Nun kommen die beschriebenen biologischen Veränderungen hinzu – weniger Licht, weniger Serotonin, weniger Energie. Der halbvolle Akku wird nun zusätzlich belastet.

Menschen in pädagogischen und sozialen Berufen sind hier besonders gefährdet. Sie arbeiten mit hoher emotionaler Beteiligung, müssen oftmals eigene Bedürfnisse zurückstellen und werden häufig mit schwierigen Situationen konfrontiert. Gerade Lehrkräfte erleben im Herbst und Winter immer wieder eine Häufung von Herausforderungen: verhaltensauffällige Kinder, die auf die Dunkelheit reagieren, Elterngespräche, Zeugniskonferenzen – und das alles bei eigener reduzierter Energie.

Es entsteht ein Teufelskreis: Wegen der Erschöpfung ziehen Sie sich zurück, bewegen sich weniger, gehen seltener nach draußen. Dadurch bekommen Sie noch weniger Licht ab, was die Müdigkeit verstärkt. Die Resilienz, also Ihre psychische Widerstandskraft, die Sie normalerweise durch Bewegung, soziale Kontakte und Aktivitäten stärken, wird immer brüchiger.

Woran erkenne ich Anzeichen von Burnout?

Nun fragen Sie sich vielleicht, woran Sie erkennen, dass es mehr als die normale Wintermüdigkeit ist? Die Grenze zwischen normaler saisonaler Verstimmung und einem ernsten Problem ist fließend.  Dennoch gibt es deutliche Warnsignale, die Sie ernst nehmen sollten:

Körperliche Symptome: Sie schlafen schlecht oder viel zu viel, haben häufig Kopfschmerzen, Verspannungen oder andere körperliche Beschwerden. Ihr Immunsystem schwächelt, Sie sind ständig erkältet.

Emotionale Veränderungen: Sie fühlen sich leer, gleichgültig oder ungewöhnlich reizbar. Dinge, die Ihnen früher Freude bereitet haben, lassen Sie kalt. Sie haben das Gefühl, nur noch zu funktionieren.

Verhaltensänderungen: Sie ziehen sich von Freunden und Familie zurück, vernachlässigen Hobbys, greifen vermehrt zu Alkohol oder anderen "Kompensationsstrategien". Digitale Achtsamkeit wird unmöglich – Sie scrollen abends endlos durch Social Media, weil Ihnen die Kraft für bewusstere Tätigkeiten fehlt.

Gedankliche Muster: Sie haben zunehmend negative Gedanken über sich selbst, Ihre Arbeit oder Ihr Leben. Sie zweifeln an Ihrer Kompetenz, obwohl objektiv nichts dafür spricht.

Eine wichtige Frage zur Selbstreflexion: Erholen Sie sich am Wochenende noch? Wenn Sie montags bereits genauso erschöpft aufwachen wie freitags, ist das ein deutliches Warnsignal. Professionelle Hilfe sollten Sie spätestens dann suchen, wenn die Symptome Ihren Alltag massiv beeinträchtigen oder wenn Sie verzweifelt oder hoffnungslos werden.

Welche konkreten Strategien helfen in der dunklen Jahreszeit?

Die gute Nachricht: Es gibt wirksame Strategien, um dem Zusammenspiel von Burnout und Winterdunkelheit zu begegnen. Wichtig ist dabei, dass Sie nicht noch mehr Druck aufbauen nach dem Motto "Jetzt muss ich auch noch perfekte Selbstfürsorge betreiben". Es geht um kleine, machbare Schritte. Noch mehr Anregungen sowie ein Selbstfürsorgetagebuch zum Download finden Sie in unserem Blogartikel Winterdepression: 12 Tipps für die dunkle Jahreszeit.

  • Licht tanken: Täglich mindestens 30 Minuten Tageslicht, idealerweise vormittags. Ein Spaziergang in der Mittagspause wirkt oft Wunder. Tageslichtlampen (mindestens 10.000 Lux) können ergänzen, ersetzen aber nicht das echte Draußensein.
  • Bewegung als Resilienzfaktor: Moderate Bewegung ist ein wirksamer Stresspuffer. Schon 20 Minuten zügiges Gehen reichen aus. Verbinden Sie Bewegung mit sozialem Kontakt, etwa durch gemeinsame Mittagsspaziergänge oder ein Telefonat mit den Liebsten.
  • Digitale Achtsamkeit: Stundenlanges Scrollen verhindert echte Erholung. Legen Sie Zeiten fest, in denen das Smartphone tabu ist, etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen.
  • Soziale Kontakte pflegen: Der Rückzugsimpuls im Winter ist stark, doch soziale Isolation verschlimmert Burnout und Winterdepression. Verabreden Sie sich verbindlich mit Menschen, die Ihnen guttun.
  • Grenzen setzen: Gehen Sie achtsam mit Ihrer Energie um. Sagen Sie Nein zu zusätzlichen Aufgaben, prüfen Sie Verpflichtungen kritisch. Fragen Sie sich: "Ist das wirklich notwendig?"
  • Routinen gestalten: Feste Routinen geben Halt – ein regelmäßiger Schlafrhythmus, feste Essenszeiten, kleine Rituale. Diese sollten jedoch keine zusätzlichen Pflichten werden, die Stress erzeugen.

Für Sie empfohlen: Weiterbildung zum Coach für Stressmanagement

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Burnout vermeiden: Wie kann Prävention statt Reaktion aussehen?

Die beste Strategie ist, gar nicht erst in eine tiefe Erschöpfung zu geraten. Hier kann professionelle Begleitung einen entscheidenden Unterschied machen. In Coaching- oder Supervisionsräumen haben Sie die Möglichkeit, regelmäßig innezuhalten und zu reflektieren: Wo stehe ich gerade? Welche Warnsignale nehme ich wahr? Was brauche ich?

Solche Reflexionsräume sind keine Luxusveranstaltung, sondern professionelle Notwendigkeit – besonders in Berufen mit hoher emotionaler Beteiligung. Sie schaffen die Distanz, die im Arbeitsalltag oft fehlt, und helfen dabei, rechtzeitig gegenzusteuern, bevor aus chronischem Stress ein manifester Burnout wird.

Auch der kollegiale Austausch in Intervision oder Balintgruppen (Arbeitsgruppen von ca. 8–12 Personen, meist aus dem medizinischen oder helfenden Bereich, die sich unter der Leitung eines/einer erfahrenen Therapeuten*in regelmäßig treffen, um die Beziehungen zu ihren Klient*innen zu reflektieren) kann präventiv wirken. Sie merken dort: Ich bin nicht allein mit meinen Herausforderungen. Andere haben ähnliche Erfahrungen. Diese Normalisierung entlastet und stärkt gleichzeitig die Resilienz.

Den eigenen Weg finden

Die dunkle Jahreszeit stellt uns vor besondere Herausforderungen – gerade dann, wenn wir ohnehin schon erschöpft sind. Aber sie kann auch eine Einladung sein, achtsamer mit uns selbst umzugehen und zu erkennen, wo unsere Grenzen liegen. Es ist keine Schwäche, Unterstützung zu suchen. Im Gegenteil: Es zeugt von Selbstkenntnis und Verantwortungsbewusstsein – sich selbst gegenüber, aber auch gegenüber den Menschen, mit denen Sie arbeiten.

Burnout entwickelt sich schleichend, aber Veränderung kann ebenso schrittweise geschehen. Jeder kleine Schritt in Richtung mehr Selbstfürsorge, jede bewusste Pause, jeder Moment echter Erholung zählt. Sie müssen nicht alles auf einmal umsetzen. Wählen Sie eine Strategie aus, die für Sie passt, und beginnen Sie dort.

Falls Sie merken, dass Sie Unterstützung brauchen – sei es in Form von Coaching, Beratung oder therapeutischer Begleitung – zögern Sie nicht, diese in Anspruch zu nehmen. Manchmal braucht es einen Außenblick, um aus festgefahrenen Mustern herauszukommen und neue Perspektiven zu entwickeln.

Die dunkle Jahreszeit vergeht. Bis dahin: Seien Sie gut zu sich selbst.

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