Mobbing im Arbeitsrecht
Mobbing am Arbeitsplatz ist in Deutschland nicht generell ein Straftatbestand. Einzelne Mobbinghandlungen sind jedoch strafbar und können zur Anzeige gebracht werden. Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) können typische Mobbinghandlungen zum Beispiel folgende Straftatbestände erfüllen:
- sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174)
- Beleidigung (§ 185)
- üble Nachrede (§ 186)
- Verleumdung (§ 187)
- Körperverletzung (§223)
- Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225)
Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird auch der Begriff "Belästigung" definiert und damit zu einer strafbaren Handlung. Sofern die Belästigung im Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale steht, kann der Arbeitnehmer Sanktionen einfordern oder sogar selbst ergreifen.
Die definierten Diskriminierungsmerkmale sind nach dem AGG:
- Rasse oder ethnische Herkunft
- Religion oder Weltanschauung
- Geschlecht
- Behinderung
- Sexuelle Identität
- Alter
Die wichtigste Grundlage für Mobbing im Arbeitsrecht ist das Arbeitsschutzgesetz:
Aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) kann man Bestimmungen ableiten, die den Arbeitgeber verpflichten, in Mobbingsituationen einzugreifen.
Sexuelle Belästigung kann ebenfalls eine Mobbing-Handlung sein: Hier kann man auf Grundlage des Beschäftigungsschutzgesetzes (BeschSchG) intervenieren.
Laut § 14 Berufsbildungsgesetz gehört es zu den Pflichten des*der Ausbilders*in, dafür zu sorgen, dass der*die Auszubildende weder sittlich noch körperlich gefährdet wird. Beides sind Gefahren, die bei Mobbing drohen.
Bei minderjährigen Auszubildenden gilt außerdem: Laut § 28 Jugendarbeitsschutzgesetz muss die Arbeit menschengerecht gestaltet werden. Dies beinhaltet auch die Integration der Jugendlichen in den Kollegenkreis. Eine soziale Isolation durch Mobbing ist zu verhindern.
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Definition von Mobbing
Im Arbeitsrecht durchgesetzt hat sich die Mobbing-Definition von Leymann. Der Wissenschaftler Heinz Leymann unterscheidet in seiner Definition fünf Grundformen von Mobbinghandlungen:
- Angriffe auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen (z.B. Redeverbot)
- Angriffe auf die sozialen Beziehungen (z.B. Isolation)
- Angriffe auf das soziale Ansehen (z.B. Diskriminierung)
- Angriffe auf die Berufs- und Lebenssituation (z.B. Zuweisung von demütigenden Aufgaben)
- Angriffe auf die Gesundheit (z.B. Misshandlungen)
Problematisch ist immer der konkrete Nachweis des Mobbings, da die Täter natürlich versuchen, ihre Handlungen zu verschleiern. Im Falle eines Strafverfahrens werden viele Mobber*innen daher nicht verurteilt und können danach ungestört weiter mobben. Das Opfer bleibt ohne Hilfe zurück und beendet die Situation meist durch Kündigung.
Mobbing am Arbeitsplatz
Im Laufe ihres Erwerbslebens werden 11,3 % aller Erwerbstätigen irgendwann einmal Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. Eine Mobbingsituation kann aus eskalierenden zwischenmenschlichen Konflikten entstehen, aber auch in einer mangelnden Klarheit der Aufgabenverteilung und bewusst geschürter Konkurrenz begründet sein.
Der Arbeitgeber bzw. die Führungskraft hat die Aufgabe, sanktionierend und beschützend in einen Mobbingprozess einzugreifen und die Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz vor Mobbing zu schützen.
Auch der Betriebsrat kann ein wichtiger Ansprechpartner für Mobbingopfer sein, vor allem dann, wenn die Führungskraft sich entweder deutlich heraushält oder selbst zu den Tätern*innen gehört. Eine Haltung nach dem Motto: "Macht eure persönlichen Konflikte untereinander aus!" ist wenig produktiv. Erfahrungsgemäß wird das Arbeitsklima maßgeblich auch von der Führungsebene bestimmt. In 66 % der Betriebe, in denen gemobbt wird, gab es vorher schon andere Mobbingfälle und andere Opfer. Nur selten werden die Täter eindeutig definiert und mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen belegt.
Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, das Persönlichkeitsrecht, die Gesundheit und die Ehre des*der Arbeitnehmers*in zu schützen. In den letzten Jahren wurden durch mehrere Gerichtsurteile grundsätzlich die Rechte der gemobbten Arbeitnehmer*innen bestärkt und die Pflichten der Arbeitgeber bestätigt.
Mobbing am Ausbildungsplatz
Auszubildende sind mit 4,4 % im Vergleich zu 2,7 % aller Erwerbstätigen in Deutschland besonders häufig von Mobbing betroffen.
Azubis suchen oft Beratung, wenn es am Ausbildungsplatz zu zwischenmenschlichen Problemen kommt. Konflikte am Ausbildungsplatz sind jedoch nicht ohne weiteres mit Mobbing gleichzusetzen. Um Mobbing handelt es sich erst dann, wenn sich die deutliche Benachteiligung und Schikane über einen längeren Zeitraum hinzieht und das Opfer in der Regel hilflos den Attacken ausgeliefert ist. Ein Mobbing-Opfer ist immer aufgrund seiner Position in der Betriebshierarchie oder aufgrund seiner Isolation deutlich unterlegen und wehrlos. Oftmals erlebt der*die gemobbte Auszubildende auch starke physische und psychische Belastungen. Er*Sie leidet unter Angstsymptomen, Schlafmangel und einem immer mehr sinkendem Selbstwertgefühl.
Die "Täter" sind nicht nur Kollegen*innen, es können in der Ausbildung auch Ausbilder*innen und Vorgesetzte sein, die sich scheinbar grundlos unfair und unkollegial verhalten. Warum eine Person zum Opfer wird, ist schwer zu beantworten. Es gibt zwar einige beeinflussende Risikofaktoren, eine eindeutige Mobbingpersönlichkeit gibt es jedoch nicht. Mobbing entsteht in Konkurrenzsituationen, wenn z.B. Arbeitsplätze abgebaut werden oder das schwächste Gruppenmitglied als Sündenbock für fehlgeschlagene Prozesse herhalten muss. Dies sind in der betrieblichen Hierarchie oft Personen, die noch in der Ausbildung sind und sich am Ende oft nur noch mit einer Kündigung zu helfen wissen.
Mobbing in der Schule
Die Schule ist für manche Jugendliche ein Ort der Qual. Kein Wunder: Schätzungen zufolge werden 5-11 % der Schüler*innen regelmäßig schikaniert. Die Psychologin und Mobbing-Expertin Mechthild Schäfer geht sogar davon aus, dass jede*r siebte Schüler*in von Mobbing in der Schule betroffen ist.
Ein immer größeres Problem wird Mobbing im Internet. Die Bandbreite ist groß. Die Opfer stoßen eines Tages im Internet auf eine neue Gruppe, die sich "xy ist eine Hure" nennt und in der mehrere Personen über sie herziehen. Oder ein*e Ex-Freund*in stellt Nacktbilder ins Internet. Auch Fotos vom letzten Besäufnis unter Freunden*innen können dem Ansehen schaden.
Problematisch ist dabei nicht nur die akute Mobbing-Situation. Der Schaden für die Opfer kann noch weitaus größer sein. Wenn sie bereits in einer Ausbildung sind, können sich die Mobbing-Handlungen auch dort herumsprechen, das Mobbing breitet sich ggf. von der Schule auf den Arbeitsplatz aus und hat negative Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang.
Außerdem können die Informationen, die andere über einen im Internet verbreiten, langfristig verheerende Wirkung haben. Immer mehr Personalverantwortliche googeln die Bewerber*innen, ehe sie Entscheidungen fällen (siehe Googleability und Bewerbung).
Weiterbildung zum Thema Mobbing
Das Thema Mobbing und schlechtes Betriebsklima ist auch Teil der Weiterbildung zum Azubi-Coach. Mobbing ist in der Beratung von Azubis oft Thema, und die Mobbing-Situation führt nicht selten zu einer Kündigung. Schlechtes Betriebsklima bzw. Mobbing sind die mit am häufigsten genannten Gründe, wenn Auszubildende ihre Ausbildung beenden. In der Weiterbildung lernen die Teilnehmenden, welche Hilfen man Auszubildenden bei schlechtem Betriebsklima und in Mobbing-Situationen anbieten kann.